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Was steht eigentlich wirklich im Klimaabkommen von Paris (und was nicht)?

  • Radko Pavlovec, I4.x Advisor für Energie
  • 18. Dez. 2015
  • 3 Min. Lesezeit

Dutzende Statements jagen durch die Medien, riesiger Erfolg wird gefeiert. Das Klimaabkommen von Paris wird als "Wendepunkt für die Welt" bezeichnet, es wird ihm "historische Dimension" attestiert. Gleichzeitig beeilen sich PolitikerInenn und VertreterInnen diverser Lobbys zu erklären, was dieses Abkommen für uns alle bedeutet. Wie können sie es jetzt schon wissen? Und ist dieses Abkommen wirklich so ein epochaler Durchbruch, wie uns der französische Verhandlungsleiter und andere erklären wollen?

Zunächst das Positive aus meiner Sicht: Vertreter von 195 Staaten haben sich geeinigt, das die Klimaerwärmung ein Problem darstellt und dass man dagegen etwas unternehmen sollte. Das ist gut, aber ist es wirklich so ein epochaler Durchbruch, nachdem das Problem bereits seit Jahrzehnten bekannt ist? Das Abkommen ist zwar "völkerrechtlich bindend" (bzw. wird es nach der Ratifizierung), sieht jedoch keinerlei Sanktionen vor. Es sieht auch keine verbindlichen Reduktionsziele vor, alles soll auf freiwilliger Basis geschehen und liegt in Kompetenz der einzelnen Staaten.

Tatsache ist, dass die im Vorfeld der Konferenz eingereichten Pläne der einzelnen Staaten (sofern überhaupt vorhanden) im günstigsten Fall dafür ausreichen würden, den Temperaturanstieg bis Ende des Jahrhunderts auf ca. 2,7°C zu begrenzen. Das ist weit über dem im Abkommen genannten 2°-Ziel (bzw. den ebenfalls vermutlich als Beruhigungspille für besonders gefährdete Staaten genannten 1,5°) und ziemlich nahe am Wert 3,8°, der im Falle von keinerlei Gegenmaßnahmen erreicht werden dürfte.

Noch mehr Sorgen als die schwammig formulierten Ziele und unzureichende Zusagen machen mir allerdings diejenigen Dinge, die nicht im Text stehen. So fehlt z.B. ein Hinweis, dass die Kernenergie keine akzeptable Technologie des Klimaschutzes darstellt. Dies ist wohl auch auf die Tatsache zurückzuführen, dass sich Frankreich als Gastgeber wohl kaum für eine solche Klausel einsetzte. So könnte sich dieses Abkommen sehr leicht zu einem Förderinstrument für den weltweiten Ausbau der Atomkraft entwickeln, der uns zwar keinen Klimaschutz, dafür jedoch extreme Gefährdung einbringen würde. Die jüngsten Vorstöße von China, Russland und Indien zeigen, dass eine solche Strategie wohl bereits in Vorbereitung ist.

Schmerzlich vermisse ich auch die Verankerung der Bedeutung von effizienter Energienutzung und Energieeinsparung als vorrangige Maßnahmen des Klimaschutzes. Ohne entscheidende Maßnahmen in diesen Bereichen ist das Erreichen der Klimaschutzziele reine Illusion.

Aufgrund der oben angeführten Tatsachen bin ich der Meinung, dass das extreme Selbstlob der TeilnehmerInnen sowie die Bejubelung des Abkommens nicht gerechtfertigt sind. Es handelt sich um ein schwammig formuliertes Dokument, welches keinen konkreten Weg zur Begrenzung der Klimaerwärmung aufzeigt und sogar die Tür für eine Renaissance der Atomkraft unter dem Deckmantel des Klimaschutzes öffnet. Um wirklich etwas gegen die Klimaerwärmung zu erreichen, werden wohl zukünftig neue Anstrengungen erforderlich sein.

Was bedeutet nun dieses Abkommen für Österreich bzw. für jeden Einzelnen von uns? Bereits Stunden nach Unterzeichnung sprachen PolitikerInnen von der Notwendigkeit, sofort zu handeln und haben einige wenig durchdachte Einzelmaßnahmen präsentiert. Diese Vorgangsweise ist nicht sinnvoll. Schnelles Handeln ohne ein gutes Konzept bringt nichts oder kann sogar kontraproduktiv wirken. Was wir brauchen, ist ein fundierter Klimaschutzplan, der primär auf einem sparsamen Umgang mit Energie basiert. Die Erstellung eines solchen Plans kann nur gelingen, wenn unabhängige Fachleute und auch die Öffentlichkeit voll einbezogen werden.

Die Aufgabe der Politik ist es, einen solchen Prozess rasch zu starten und gute und faire Rahmenbedingungen zu sorgen. Bis zur Fertigstellung eines solchen nationalen Klimaschutzplans sollte man keine Einzelmaßnahmen vorschlagen bzw. diese ernst nehmen, da sie meist nur von Lobby-Interessen geprägt sind. So wäre z.B. die Zubetonierung von letzten freien Fließstrecken in Österreich unter Hinweis auf den Klimaschutz, wie sie der E-Wirtschaft vorschwebt, genauso falsch wie der bereits erwähnte Ausbau der Atomkraft.


 
 
 

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